Beitrag verfasst von Tobias Wilinski
Warum Künstler*innen ein Netzwerk, ein Team, eine Manager*in brauchen
Damit ihr euch auf die Musik konzentrieren könnt, braucht ihr eine Manager*in oder am besten ein Team. Das weiß auch Labelchefin Lina Burghausen:
„Natürlich solltet ihr euch, wenn ihr größere Steps machen wollt, ein Team suchen, das euch supportet. Das kann ein Label sein, muss es aber nicht. Einfach die Möglichkeiten nutzen, die sich ergeben. Kooperationspartner*innen suchen, das müssen keine Leute aus der Musikindustrie sein, das müssen auch keine Musik-Medien sein. Checkt, dass ihr euch vernetzt, connectet und da an den Start geht, weil letztlich ist das das Kapital, auf das ihr aufbaut.“
Vernetzen aka Networking kostet sehr viel Zeit und macht vielen überhaupt keinen Spaß. Oft höre ich Leute sagen: ich hasse diesen oberflächlichen Smalltalk beim Networking. Den kann es geben, muss es aber nicht. Wirklich stark ist mein Netz nur da, wo ich auch deeptalk führen kann, wo sich Beziehungen entwickelt habe. Das dauert meistens Monate oder sogar Jahre. Momentan könnt ihr das Netzwerk extrem schnell erweitern über linked.in, Facebook und Instagram. Aber nochmal: es kommt auch hier nicht darauf an, wie schnell ihr möglichst viele Leute zu euren Kontakten hinzugefügt, sondern es geht wirklich darum Kontakte aufzubauen. Sich kennenzulernen und sich ineinander zu verlieben – – – okay das vielleicht nicht. Aber eben schon eine Beziehung aufzubauen und das geht in echt mnm tausend mal besser. Von den Leuten, die ich bei ThemaTakt interviewe habe ich 90% mindestens einmal vorher getroffen. (In der Musikindustrie spielt das Auftreten natürlich eine Rolle, gerade im HipHop-Bereich. ) Für euch als Künstler*innen ist durch corona schwierig Leute in echt zu treffen, aber dadurch, dass so viel über Internet stattfindet, vielleicht auch eine Chance beim Networking. Ein grundlegender Tipp, den aber sehr sehr viele Leute missachten: Schreibt immer eine Anrede. Kein „Hey! meine neue Single ist draußen“ Nehmt euch immer die Zeit für ein Hi Lina, Hi Marina, Hi Tobias – die Chancen auf eine Antwort werden extrem steigen. Aber wer kann sich auch gut um’s Networking kümmern? Richtig: Meine Manager*in und wer noch zu meinem Team gehört. Eine Frage, die ihr euch stellen solltet ist, Ob ihr das Ziel habt zum Major-Label zu gehen oder Independent zu bleiben. Das meint Colin Schrinner von Tunecore.
„Als Künstler muss ich mich fragen: Ist es nicht nachhaltiger für mich, mir mein eigenes Team aufzubauen und Leute zu haben, die tatsächlich nur für mich arbeiten und sonst niemanden? Aber da gehört natürlich auch viel dazu: Diese Leute erst mal zu finden, die Dedication zu haben. Natürlich auch die Ressourcen und die Einnahmen zu haben, ein Team zu bezahlen. Oder glaubt das Team am Anfang so an meinen Erfolg, dass es umsonst arbeitet? All diese Fragen muss man sich natürlich nicht stellen, wenn man einfach zum Label geht, das aber gegebenenfalls auch einfach nicht die Kapazität hat, einem so einen Service zu bieten, dass es wirklich den Unterschied macht.“
Bei einem Major-Label habt ihr u. u. krassere Expertise, aber seid als aufstrebende Künstler*in nicht die Priorität. Das heißt, dass euer Album vielleicht immer wieder nach hinten verschoben wird, weil erst die großen Namen releasen. Ein anderer Punkt, den Colin angesprochen hat, der aber nicht zu unterschätzen ist: Geld.
Wie man mit Musik Geld verdient
Laut Tobi Zumak von Four Music müssen Künstler*innen sich möglichst viele Geldquellen aufbauen. Das hat spätestens die Corona-Pandemie gezeigt.
„Dass Künstler breitere Einkommensströme aufbauen und aufbauen müssen. Sich nicht nur auf live verlassen, sich nicht nur auf Recordet verlassen, sich nicht nur auf Merchandising verlassen, sondern dass man die Einkommensströme aus der Sicht von Künstlern weiter auf fächert weiter auffächert.“
Live-Einnahmen sind bald für ein komplettes Jahr weggebrochen. Und viele Künstler*innen haben nur mit diesen Einnahmen Geld verdient. Übers Streaming kommt bei den meisten zu wenig an. dass Spotify, Apple Music und Deezer die Miete zahlen ist eine schöne Vorstellung – und für die meisten bleibt es eine schöne Vorstellung. Um etwas mehr Geld für die Musik zu bekommen, sieht Matthias Strobel von Music Tech Germany einen besonders einen Anbieter:
„Was grundsätzlich jede Künstlerin da draußen machen sollte, ist die eigene Musik auf Bandcamp anbieten und nicht nur auf den ganz normalen Distributionswegen. Band Camp kostet den Künstler so gut wie nichts, Bringt dem Künstler aber einiges mehr, wenn er da Musik verkauft und hat auch noch ein zusätzliches in Dashboard für die Datenanalyse. Dort kann man sehen, wer sind meine Hörer, wo und wann kaufen die meine Musik?“
Ich habe letzte Woche ein Tool ausprobiert, bei dem ich nur die URL von einer Playlist eingeben musste und dann sollten alle Songs auf Bandcamp angezeigt werden. Von 100 Songs war genau einer auf Bandcamp, den hätte ich für einen Wunschbetrag kaufen und streamen können. Ich kenne mich mit Bandcamp nicht gut aus, aber wenn ihr dadurch keine Nachteile bekommt, ladet eure Songs dort hoch. Selbst wenn nur eine Person im Monat das Album für 8 Euro kauft, werdet ihr damit mehr verdienen, als wenn 1.000 Leute einmal einen Song von euch auf Spotify streamen.
Geld könnt ihr auch durch Crowdfunding verdienen. Entweder sammelt ihr einen einmaligen Betrag, oder ihr startet ein monatliches Crowdfunding per Steady oder dem Vorbild Patreon.com. Dazu Matthias Strobel
„Ich finde das einen fantastischen Weg, um exklusiven Content anzubieten für diejenigen, die tatsächlich bereit sind zu bezahlen beziehungsweise Künstlerinnen zu unterstützen. Auf der anderen Seite ist es auch eine Möglichkeit, die eigene Fan Base zu vergrößern, weil man eben auch auf Patreon selbst stattfindet.“
Ich selbst nutze beide Plattformen also steady und patreon für Thematakt also unterstütz mich da gerne thematakt.de/spenden – Achtung: Der Launch ist sehr wichtig, wenn ihr die Seite veröffentlicht und sagt: hier isse, viel Spaß, wird das wahrscheinlich nichts. Überlegt euch gut, welche Prämien könnt ihr anbieten. LGoony bietet z. B. ab 5 Euro im Monat einen Podcast und eine eigene Playlist an. Momentan unterstützen ihn da 58 Leute, die im Monat etwas mehr als 280 Euro zahlen. Das klingt erstmal ganz ordentlich, ist aber Brutto. Der Betrag muss noch versteuert werden, vorher zieht Patreon ein paar Prozente ab, und wenn jemand mit Paypal zahlt, zieht auch noch paypal ein paar Prozente ab und dann bleibt gar nicht mehr so viel übrig. Falls ihr monatliches Crowdfunding nutzen wollt, startet nicht zu niedridg. Wenn Fans euch da mit einem euro im Monat unterstützen wollen, kommt da wirklich gar nichts an. Bei Lgoony geht es bei 3Euro los. Ich finde das ist ein guter Preis. Bevor ihr aber T-Shirts und andere materiellen Werte versprecht, rechnet erstmal durch, ob sich Aufwand und Materialkosten überhaupt lohnen.
Eine andere Plattform, die anfangs nicht unbedingt für Musik bekannt war, auf der Tyga und Cardi B jetzt aber schon ordentlich Kohle verdienen. Onlyfans. Dazu nochmal Mathias Strobel:
„Plattformen wie Only Fans werden zwar im Kontext gesehen, dass es dort vor allem viel Content gibt, der nicht jugendfrei ist. Nichts desto trotz ist die Grundidee von Only Fans super. Die Möglichkeit als Künstlerin zu sagen: „Ich biete was an, das ich kreativ erschaffen habe und wenn du mein Fan bist, kannst du das erwerben.“ Ich glaube dass das eine fantastische Möglichkeit ist, um gerade die Super-Fans zu aktivieren und zu sagen: „Du kannst was von mir bekommen, das sonst keiner hat.“ Neben Only Fans gibt es noch Nifty Gateway. Ich bin sicher, dass es da in Zukunft noch eine ganze Reihe an Plattformen geben wird, die die Möglichkeit eröffnen, kreativen Content, physischen Content oder auch virtuellen Merch zu verkaufen. Ich glaube das ist eine fantastische Möglichkeit für aufstrebende Künstlerrinnen, Geld zu verdienen, sobald sie eine gewisse Fangruppe aktivieren konnten.“
Okay, wenn wir ehrlich sind: um Geld mit Musik zu verdien bzw. weil ihr Musik macht, über alle möglichen anderen Wege, klappt erst, wenn ihr schon eine ordentliche Fanbase habt. Theoretisch könnt ihr bei Twitch oder Youtube live gehen und auch damit Geld verdienen. Um Werbung bei YouTube einzublenden braucht ihr aber alleine schon 1.000 Youtube Abonnent*innen. Was Twitch angeht, hat mir ein Kollege, der auch Musikmanager ist, gesagt, dass man bei Twitch schon mehrmals in der Woche für mehrere Stunden online gehen sollte, um sich eine Fanbase aufzubauen. Wie ich schon vorher gesagt habe: Probiert verschiedene Plattformen und Tools aus – aber entscheidet euch. Ihr müsst nicht überall präsent sein. Lasst Twitter und Facebook weg, wenn ihr keinen Bock drauf habt. Macht euch aber nicht nur von einer Plattform abhängig. Drei verschiedene Accounts würd ich schon empfehlen, solange ihr euch auch drum kümmert und nicht einmal im Jahr alle Notifications abfrühstückt.
Jetzt ist auch die perfekte Zeit um sich bei Plattformen wie Bandsintown anzumelden. Bandsintown ist eine App, die Fans ursprünglich einfach angezeigt hat, wann ihr in ihrer Nähe live spielt. Mittlerweile zeigt die App aber auch eure Livestreams an, egal wo ihr live geht (YouTube, Twitch etc.). Es ist aber auch eine Social-Media-Plattform an sich. Ihr könnt also auch Fans Nachrichten schreiben und posten, wenn ihr einen neuen Song veröffentlicht habt. Nutzen das in Deutschland schon Leute? Cro hat da zumindest fast 200tausend Follower*innen, Helene Fischer über 50k und Peter Maffay knapp 14.000 – Bandsintown wird also wohl auch von älteren Fans genutzt.
Und es ist auch eine gute Zeit, um sich für Fördergelder zu bewerben z. B. bei der Initiative Musik.
Warum ihr eure Musik-Karriere nicht aufgeben solltet
So jetzt aber genug von Business, Networking und Geld und ran ans Musikmachen. Zum Abschluss motivierende Worte von Colin Schrinner, Patrick Thiede und Tobi Zumak.
Schrinner: „Wenn man das wirklich packen will, also wenn man wirklich mit Musik sein Brot verdienen will, dann bedeutet das, dass ich das auch als meine Berufung und meinen Job ansehen muss – mich dementsprechend 40+ Stunden dransetzen muss. Wie Döll mir letztens im Interview erklärt hat, wollte das halt auch, dass man eigentlich nie Feierabend hat. Diese Dedication und Leidenschaft muss man halt reinstecken, um erfolgreich zu sein. Das ist das Nonplusultra. Davon abgesehen braucht man natürlich starke Songs.“
Thiede: „Ich glaub ein wahrer Künstler wird immer irgendwie herausstechen und wird, wenn er wirklich an sich und seine Kunst glaubt und die ein oder anderen richtigen Business Entscheidungen trifft d.h. nicht alles alleine machen wollen, Aufgaben delegieren, sich gute Partner suchen, gute Team-Mitglieder suchen, die ihr Handwerk verstehen. Dann wird ein guter Künstler mit guter Musik sich über kurz oder lang immer durchsetzen.“
Zumak: „ Mehr denn je gilt für Newcomer und aufstrebende Künstler, mutig zu sein und zu machen. Einfach vorwärts zu kommen, in dem man Dinge tut, in dem man sich nicht zu sehr verkopft, sondern dass man selbst Erfahrungen sammelt. Erfahrungen sammelt man nur, indem man sich traut Fehler zu machen – auch in der Öffentlichkeit – auch ungewöhnliche Wege zu gehen und sich einfach auszuprobieren. Ich denke, dass das eine sehr sehr sinnvolle Strategie ist, um schnell vorwärts zu kommen, schnell zu lernen und auch an hartem Feedback und möglichen Fehlern zu wachsen und daraus zu lernen. Künstler sollten keine Zurückhaltung haben und selbstbewusst nach außen gehen. Sich nicht kleiner machen als sie sind. Künstler wollen auf eine Bühne, sie wollen von Leuten gesehen werden. Und genau mit diesem Selbstbewusstsein müssen sie draußen unterwegs sein und dem großen Ziel, die beste und einflussreichste Künstler*in zu werden sehr selbstbewusst gegenübertreten und machen. Einfach rausgehen und machen.“
Einfach machen – diese Einstellung ist soo wichtig. Indem ihr macht, lernt ihr. Ihr lernt euch kennen, ihr lernt, was ihr mögt, ihr lernt worauf ihr so gar kein Bock habt. Stärken und schwächen. Als Künstler*in oder allgemein wenn ihr selbstständig arbeitet, müsst ihr euch immer wieder die Frage stellen: Was ist das wichtigste, dass ich jetzt gerade tun kann? Einen neuen Song aufnehmen? Einen rausbringen? Ein Musikvideo planen? Eine Instastory posten? Meine E-mails checken? Entscheidungen treffen kostet Kraft. Und das kann überfordern, aber es ist wichtig. Damit ihr euch leichter entscheiden könnt, überlegt euch Ziele, die ihr messen könnt. Also z. B. am 30.06. will ich 2000 Follower*innen haben. Wenn euch das gar nicht wichtig ist, dann vielleicht bis zum am 1. April will ich meine EP rausbringen. Wenn ihr dieses Ziel klar habt, ergibt sich fast von alleine ein Zeitplan und euer Fokus. Ohne klare Ziele ist es für euch schwer überhaupt zu wissen, ob ihr in euren Augen erfolgreich seid oder nicht. Und Ziele zu erreichen, ist ein verdammt geiles Gefühl.
So ist es für mich mit dieser Folge. Hätte nicht gedacht, dass ich sie heute fertig bekommen würde, aber hab gestern bis halb 2 daran gearbeitet und es geschafft. Ich hoffe sehr, dass euch die Folge gefallen hat und ihr in alle anderen reinhört auf thematatk.de oder überall wo’s Podcasts gibt. Übrigens noch ein Ziel erreicht: 50 Bewertungen bei Apple Podcasts nächstes Ziel 60. Ich freu mich, wenn ihr Bewertungen da lasst. Ein weiteres Ziel war einen Newsletter zu starten. Den könnt ihr unter thematakt.de/newsletter abonnieren. Für noch mehr Tipps und Weisheiten. Danke auch an Amazon Music, die ThemaTakt am Freitag in die Ausgewählten Podcasts gepackt haben.
Empfehlt diese Folge an aufstrebende Künstler*innen weiter und an Leute die sich fürs Musikbusiness interessieren. Und unterstützt diesen Podcast unter thematakt.de/spenden oder paypal.me/thematakt. In der nächsten Folge erwartet euch wieder ein Interview. Zu Gast ist dann Tobi Zumak. Mein Name ist Tobias Wilinski vielen Dank fürs Lesen und bis bald!