Tobias Wilinski lächelt freundlich. Neben ihm steht "Karriere-Tipps für Künstler*innen 2021"

Wie aufstrebende Künstler*innen ihre Musik-Karriere aufs nächste Level heben (Teil 1)

Beitrag verfasst von Tobias Wilinski

In der letzten Folge habe ich einen Ausblick auf 2021 gegeben und dabei Sprachnachrichten von 9 Leuten aus dem Musik-Business eingeholt. Ich hab sie aber auch gefragt, welche Tipps sie aufstrebenden Künstler*innen in diesem Jahr geben würden, damit sie aufs nächste Level kommen.
Dabei fällt direkt ein Problem auf: Es gibt unbekannte Künstler*innen, die noch nichts released haben, es gibt welche, die schon zwei Eps draußen haben und welche, die schon 10 Alben veröffentlicht haben. Künstler*innen stehen also immer an unterschiedlichen Punkten ihrer Karriere. An den unterschiedlichen Punkten kann man unterschiedlich agieren. Das meint auch Patrick ThiedeLabelchef von Chapter One und Walk This Way Records:

„Müsste man erstmal natürlich darüber sprechen, an welchem Punkt die aufstrebenden Künstler sind. Haben die ersten Steps schon gemacht? Haben die schon einen Namen? Haben die schon die ersten Playlisten-Platzierungen gehabt? Haben die sonst schon mediale Aufmerksamkeit bekommen? Dann ist das natürlich ein ganz anderes Absprungbrett, aufs nächste Level zu kommen, als wenn du noch ein No-Name bist. In dem Fall geht es dann tatsächlich erstmal darum, sich einen Namen zu machen und Playlistenplatzierungen hinbekommen.“

Sich als Künstler*in eine eigene Identität schaffen

Eine generelle Frage: für wen mache ich diesen Podcast? Mein Ziel ist, dass jede Person in jeder Folge was lernt. Ein ambitioniertes Ziel, aber dazu guck ich mir dann auch Statistiken und Umfragen an. Besonders viel lernen, werden aber Künstler*innen, die noch nicht von ihrer Kunst leben können. Und davon gibt’s leider ne ganze Menge. Schwerpunkt ist auch der Bereich HipHop Gerade in diesem Genre steht die Künstler*innen-Persönlichkeit im Vordergrund. Das meint auch Online-Promoterin und Labelchefin von 365xx Lina Burghausen:

„Es ist ein guter Zeitpunkt sich jetzt Gedanken über die eigene Künstler*innen-Identität zu machen. Ich sage bewusst nicht „Image“. Ja, man kann sich eins zulegen und irgendwie hat jeder Künstler und jede Künstlerin ein Image, aber letztlich geht es im HipHop immer noch weitestgehend um Authentizität. Die Frage ist eigetnlich: Was macht dich als Musikerin besonders? Was hebt dich ab? Warum sollte man dir zuhören? Was möchtest du den Menschen mitgeben, was vielleicht auch nur du kannst? Das auszuarbeiten und sich zu überlegen, was das in der Konsequenz bedeutet: Wo sind meine Fans? Wie finde ich die? Wie sprech ich die an? Über welche Kanäle? Und sich das wirklich gut selbst zu überlegen. Vielleicht auch mit einem kleinen Team. Das können auch die Freund*innen sein, wenn man noch nicht super deep im Musik-Business ist. Sich wirklich mal Gedanken zu machen: Wer bin ich eigentlich in meiner Rolle als Rapper*in oder Producer*in und daraus Konsequenzen zu ziehen.“

Jetzt hat Lina schon sehr viel angesprochen. Zur Kommunikation kommen wir später auch noch. Wir bleiben aber erstmal beim Thema Identität. Generell ist es wichtig aufzufallen meint Patrick Thiede:

Ich glaube, dass es immer wichtig ist, aufzufallen. Aber glaubwürdig aufzufallen, also nicht auffallen des Auffallen Willens, sondern, weil man als Künstler auch wirklich so ist.

Also ein grundlegender Schritt ist die Frage: „Wer bin ich?“ Beziehungsweise „Wer will ich sein?“ Das klingt erstmal banal und für manche bestimmt auch lästig. „Ich will mich nicht definieren, ich bin wie ich bin.“ Diese Einstellung ist aber schwierig fürs Team. Gerade wenn ihr Aufgaben abgeben wollt. Bsp: Wenn jemand aus eurem Team Instagram-Nachrichten in eurem Namen beantworten soll, ist es wichtig, dass diese Person genau weiß, wie die Künstler*in spricht und rüberkommen will. So wie Patrick Thiede glaubt auch Colin Schrinner Head of Tunecore, Germany daran, dass auffallen wichtig ist.

Sich seine Community aufzubauen, zu überlegen: Wie will ich mich positionieren als Künstler, wenn ich neben 200 Deutschrap-Tracks, die pro Woche rauskommen und sich vielleicht ähnlich anhören – wie stech ich heraus? Wie baue ich mir eigentlich eine eigene Marke als Künstler auf.

Wer bin ich, was ist meine Marke? Wenn ich mich als Künstler selbst definiere, bedeutet das erstmal, dass ich Grenzen ziehen muss. Und wer will sich schon Grenzen setzen? ABER das hilft um sich einen klaren Weg zu ebnen. Ein grundlegendes Beispiel: Welche Art von Musik will ich machen. Dass Genres sowieso immer mehr verschwimmen, haben wir schon in der letzten Folge gesehen. Gerade für den Start ist es aber hilfreich, wenn ich weiß, in welche Richtung es gehen soll. Um z. B. mit den richtigen Leuten zu arbeiten. Wenn ich klar habe, dass ich Cloud-Rap statt Rock rausbringen möchte, kann ich mir angucken, wer arbeitet in dem Bereich. Wer hat an einem bestimmten Song mitgewirkt, Prodcuer, Mixer usw. wer ist der Booker von Lgoony – Grüße an Artur Kasper an der Stelle. Und das hilft mir auch zu lernen, wie die Leute kommunizieren, die ich mir als Vorbild nehme. Über welche Kanäle kommunizieren die und wie machen die das.

Wie kommuniziere ich als Künstler*in?

Also nachdem ich weiß wer ich bin, geht es darum das so vielen Leuten wie möglich klar zu machen. Dazu Jens P. Neumann Labelchef von Urban Tree Music.

Aufstrebende Künstler*innen sollten sich vor allem überlegen, wie sie kommunizieren können. Was ist an ihnen besonders, wie können sie das hervorheben und wie können sie authentisch ihren Charakter oder ihre Künstler-Persona kommunizieren? Das wird natürlich alles ein bisschen schwerer, dadurch, dass man überhaupt nicht auf Bühnen stehen kann und die Leute das live nicht verfolgen können. Aber man sollte überlegen: Was gibt es für Kanäle? Da sind die ganz offensichtlichen Sachen, was mittlerweile schon alle machen, wie Twitch und Livestreams. Schonmal gute Wege, aber man sollte trotzdem überlegen, wie kann man auch weiter Entertainment einbringen, wie kann man mehr über sich erzählen, wie kann man auch neben der Musik Dinge tun. Man muss immer mehr ein rundes – Produkt klingt so unsexy – man muss ein rundes Konzept haben, wie man seine Musik und seine Person zu einem vereint und das auch mit den Leuten teilen kann.

Produkt klingt tatsächlich erstmal unsexy. Aber meiner Meinung nach ist es hilfreich etwas weniger emotional an die Sache zu gehen. Kunst ist emotional so oder so. Wenn mein Ziel ist Musik zu meinem Job zu machen, muss ich diesen Bereich aber halt auch als Job ansehen und schauen wie ich davon leben kann. Wenn euch das zu viel Druck ist, dann könnt ihr euch einen ganz normalen Job suchen, der euch die Miete sichert. Das war ein Tipp den Balbina im ThemaTakt-Interview gegeben hat. Sie meinte insbesondere Jobs bei denen ihr nicht so viel nachdenken müsst, können euch dabei helfen, euch auf eure Musik zu konzentrieren.
Aber wir wollen uns erstmal wieder auf Social Media konzentrieren. Spoiler: Die meisten Leute, die ich gebeten hab, mir Sprachnachrichten zu schicken, sehen in Social Media einen ganz ganz wichtigen Punkt für aufstrebende Künstler*innen. So auch Stefanie Rohn sie ist Creative Director beim Verlag We Publish Music, arbeitet bei Das Maschine und managet u. a. die Künstlerin Nessi.

Nichtsdestotrotz sind die Leute ja zu Hause und wollen konsumieren, wollen entertaint werden, wollen rausgeholt werden aus der aktuellen Situation. Deswegen steigen ja auch die Streamingzahlen. Das heißt trotzdem kontinuierlich releasen, neue Plattformen sich erschließen, mit denen man vorher vielleicht noch keine Berührungspunkte hatte. Egal ob es Twitch oder TikTok ist. All diese Plattformen werden immer wichtiger werden und ich glaube, da kommt man nicht drum rum sich damit auseinander zu setzen.

Dem stimmt auch Marina Buzunashvilli zu. Sie war lange selbstständige Online-Promoterin und auch schon in zwei ThemaTakt-Interviews. Hört euch die an sind sehr spannend. Jetzt ist sie Head of PR also Public Relations bei Sony Music:

„Wenn man seine eigenen Social-Media-Profile und den Kontakt zu seinen Fans und zu der Außenwelt selbst befeuert – durch TikTok und Instagram und was es nicht alles gibt – wenn man da weiter dran bleibt und guten und nahbaren Content für die Fans produziert, kann man auch weiterhin seine Base aufbauen. Nichts ist wichtiger, als seine Fans, aber auch gerade Menschen, die einem Folgen zu entertainen, mitzunehmen auf ne Reise. Ich glaube, dass aufstrebende bzw. neue Künstler*innen, die überlegen, wie sie ihre Karriere aufs nächste Level heben, darauf achten sollten von Anfang an ihre eigenen Profile zu schärfen. Eigene Vermarktung ist ganz ganz wichtig. Wie bau ich mir im Netz meine eigene Präsenz auf? Wie kommuniziere ich mit den Fans? All das was möglich ist. Das wird sich glaub ich nicht groß verändern. Es wird glaube ich größer und schöner, weil man mehr Möglichkeiten hat – auch technisch. Durch eigene Twitch-Streams wie es Sido gemacht hat. Sido hat 2020 bewiesen, dass man mit seinem eigenen Kanal soviel machen kann.“

In der Zeit als wir alle im Lockdown zu hause waren hat Sido die Livestream-Show „Zuhause mit Sido“ gestartet. Dazu war er Freitags zwischen 8 und 20h Live auf YouTube. Hat da dann mit prominenten Leuten geskypet und hatte auch ein ganzes Studio inklusive Kameramann. Für aufstrebende Künstler*innen ist das natürlich nicht so einfach zu kopieren. Aber inspirieren könnt ihr euch trotzdem. Der Youtube-Kanal heißt „Mit Sido“.
Marina hat aber schöne Sachen gesagt, die ich nochmal zitieren möchte: Nichts ist wichtiger, als seine Fans zu entertainen und auf eine Reise mitzunehmen.“ und „Von Anfang an eigene Kanäle zu schärfen.“ Online-Promoterin Lina Burghausen sagt auch. Ganz wichtig ist es einen Mehrwert zu schaffen.

„Was kann ich da beisteuern, was anders ist? Was die Leute zu hören lässt? Das ist der Schlüssel, sich zu überlegen wie kann ich relaten und wie kann ich mich abheben. Das kann ganz unterschiedlich aussehen, da gibt es auch nicht das eine Rezept. Ich denke, dass es gerade eine gute Zeit ist, das eigene Standing zu überdenken und zu strategisieren. Einen guten Mix finden zwischen intuitivem Musik-machen und einem Bewusstsein dafür, was einen eigentlich ausmacht.“

Den Punkt haben wir gerade schon gehört: Die eigene Identität ist wichtig und die Frage „wie bringe ich die rüber?“ auch. Was wir aber noch nicht so gehört haben ist wie Lina sagt „die Strategisierung“, also nicht einfach wild drauf los posten sondern sich schon vorher einen gewissen Plan zu überlegen.

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