Der Wert von Musik: Stephan Kunze im Interview
Macht die Zahlengetriebenheit unsere Musiklandschaft kaputt? Wie entdecken wir gute Musik? Und was heißt "gut" in dem Kontext überhaupt?
“Ein paar der Platten, die mein Leben wirklich verändert und bereichert haben, waren Platten, die ich am Anfang nicht gut fand. Sondern, die ich erstmal verstehen musste, verdauen musste, mehrfach hören musste bis ich an den Punkt gekommen bin, dass sie diese Wirkung entfalten konnten.”
Stephan Kunze (Musikjournalist)
Welchen Wert hat Musik heutzutage? Jeden Tag erscheinen neue Songs - hört man sich davon welche an, entdeckt lieber alte musikalische Meilensteine oder hört doch lieber seine Lieblingssongs? Diese Fragen werden die meisten von uns immer wieder beschäftigen und manchmal auch so stressen, dass wir uns hin und wieder dafür entscheiden, lieber gar keine Musik zu hören. Mit Stephan Kunze habe ich einen großen Musik-Entdecker und -Liebhaber interviewt. Das Gespräch hat mich zum Nachdenken gebracht - euch bestimmt auch.
Sein Weg zum Juice-Chefredakteur - Stephan Kunze (Zensounds-Newsletter) im Interview
Stephan Kunze war von 2007-2013 Chefredakteur vom Juice Magazin (damals noch Stephan Szillus), das HipHop in Deutschland zum Teil stark geprägt hat. Wir sprechen darüber wie Nirvanas Album "Nevermind" Stephans Leben verändert hat. Wie er angefangen hat für sehr viele Musikmagazine zu schreiben und welche absurden Interviewsituationen er zum Beispiel mit Nas und Common erlebt hat. Und natürlich sprechen wir über seine Zeit als Juice-Chefredakteur. Haben ihn bei Rezensionen persönliche Bekanntschaften beeinflusst? Konnte man sich das Juice-Cover kaufen? In der nächsten Folge und somit Teil 2 des Interviews spreche ich mit Stephan über seine Zeit nach der Juice. Da hat er erst 3 Jahre im Künstlermanagement gearbeitet, dann für mehr als 5 Jahre bei Spotify. Mittlerweile ist er freier Autor, Berater für die Universal Music Group, hat ein Buch Namens "Zen Style" rausgebracht und veröffentlicht seit fast 2 Jahren den Musik- und Kultur-Newsletter "zensounds".
Vom Spotify-Redakteur zum eigenen Newsletter | Stephan Kunze im Interview (2/2)
Im ersten Teil des Interviews mit Stephan Kunze habt ihr schon gehört, wie er sich in Musik verliebt hat. Wie er sich gegen die Karriere als Anwalt und für die Karriere als Musikjournalist entschieden hat. Jetzt erfahrt ihr, warum er nach knapp sechs Jahren als Juice-Chefredakteur aufgehört hat. Es geht um Stephans Zeit als Artistmanager, in der er mit Gerard, Weekend, Pimf und Megaloh zusammengearbeitet hat und wie er dann zum Redakteur bei Spotify wurde. Wir sprechen außerdem über die Entwicklung der Musikindustrie und die Zahlengetriebenheit, wie Stephan Musik hört und was er neben seinem Kultur- und Musik-Newsletter zensounds eigentlich noch macht.
Stephans Kritik an Daten-Besessenheit in der Musikindustrie
Stephan hat bei Spotify u. a. Playlisten kuratiert und dabei auch viel auf Daten geschaut (bspw. wie oft ein bestimmter Song geskippt wurde). Mittlerweile sieht er die Datengetriebenheit als Gefahr für die Musikbranche. Ein kurzer Auszug aus dem Interview:
Tobias Wilinski: In deinem englischsprachigen Newsletter zensounds beschreibst du deine Kritik an Daten. Übersetzt schreibst du “Unsere Zahlen Besessenheit hat schon Musik Journalismus gekillt, jetzt killt sie langsam die Musik selbst.” Wie meinst du das?
Stephan Kunze: Ich bin nach meiner Erfahrung, die ich auch beim kuratiert von Playlisten gemacht habe, mittlerweile der Meinung, dass wir zu viel auf Daten schauen. Früher hat man gar nicht auf Daten geschaut. Alles ging in der Musikindustrie eigentlich nur nach Bauchgefühl und Geschmack. Aber die Streaming-Ära hat eben eine Daten-Besessenheit hervorgebracht, wo alle - also nicht nur die Künstler:innen, sondern auch die gesamte Industrie und auch die Hörer:innen - plötzlich ganz viel über Zahlen sprechen und über Daten. Ich finde, das macht ganz viel kaputt. Musik ist für mich etwas Magisches, Mystisches, Irrationales. Und Daten sind eben das Gegenteil davon und wenn ich alles versuche, in Daten zu fassen und zu berechnen, dann nehme ich dem, was für mich so magisch ist, diese mystische Ebene. [Die komplette Antwort hört ihr bei ThemaTakt ab Minute 31.]
Hier geht es zum angesprochenen Artikel:
hier könnt (und solltet) ihr Stephans Newsletter abonnieren:
Learnings aus dem Gespräch mit Stephan Kunze:
Stephan ist ohne Frage einer der größten Musikliebhaber, die bislang bei ThemaTakt zu Gast waren. Ein paar Learnings aus der Folge:
Support your Local Artist (statt zum größten Popstar für mehrere hundert 100 Euro, vielleicht lieber mehrere kleinere Konzerte aus der Region - oder beides, wenn du die Kohle hast)
gib Musik, die du nicht sofort magst eine Chance
versuch, dich von Zahlen zu lösen (nur, weil ein Song oft gehört wurde, ist er nicht mehr wert als ein Song mit 2 Plays)
Nimm dir Zeit für Musik, skippe nicht alles durch, sondern lass Musik wirken.
Super Newsletter! Wie kann ich den unterstützen?
Leite den Newsletter an eine Person weiter, die ihn lesen sollte. (Hier geht’s zum kostenlosen Abo.)
Schick mir eine Spende an Paypal.me/thematakt
Vielen Dank fürs Lesen und bis bald!
Tobias Wilinski




